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Wie realistisch ist der Öffnungskurs vom Südwest-Landesvater?

Es ist ein bemerkenswerter Kurswechsel: Auch Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann will den monatelangen Lockdown nun trotz der Gefahr einer dritten Corona-Welle schrittweise lockern. Gelingen soll das mit Hilfe von Schnell- und Selbsttests, die bald massenhaft zur Verfügung stehen sollen. Dann sollen viele Geschäfte, Restaurants und Museen wieder öffnen können, schlug das Staatsministerium vor. Lange war Kretschmann zuvor skeptisch: Man könne das Virus nicht wegtesten. Doch jetzt scheint das Testen in Kombination mit dem Impfen der einzige gangbare Weg aus dem Lockdown zu sein. Doch wie realistisch ist das und wie sind die Reaktionen auf den Vorstoß des Ministerpräsidenten? Was will Kretschmann genau? In einem Impulspapier für die Bund-Länder-Beratungen am kommenden Mittwoch hat sein Staatsministerium vorgeschlagen, Bereiche, in denen das Infektionsrisiko überschaubar ist, schrittweise zu öffnen. Dazu sollen Läden, Restaurants, Museen und perspektivisch auch Hotels gehören. Termine werden in dem Papier nicht genannt. Doch der bundesweite Lockdown gilt noch bis zum 7. März. Wichtig: Die Veranstalter und Betreiber der Einrichtungen »müssen dafür Sorge tragen, dass nur Besucherinnen und Besucher Zutritt erhalten, die einen negativen Test vorweisen können«. Wie das genau funktionieren soll, ist noch nicht klar. Denkbar wäre, dass zum Beispiel Restaurants ein Zelt vor die Tür stellen als private Selbsttest-Station. Kretschmanns Leute sind jedenfalls überzeugt: "In bestimmten Bereichen und zu bestimmten Anlässen können wir uns so ein Stück Freiheit zurückholen, ohne dass dies auf Kosten der Sicherheit geht." Was sagen Bund und Länder zu dem Vorschlag? Klar ist: So gut wie alle wollen Öffnungen und Tests verbinden, während das Impfen von März an hochlaufen soll. "Eine intelligente Öffnungsstrategie ist mit umfassenden Schnelltests, gleichsam als Freitesten, untrennbar verbunden", sagte Kanzlerin Angela Merkel der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Wie das gehen soll, will sie mit den Ländern am kommenden Mittwoch festlegen. Ein Start am 1. März, den Gesundheitsminister Jens Spahn schon verkündete, kommt nicht. Merkel sagt: "Es wird aber im März sein." Was genau und wann geöffnet werden könnte, steht noch nicht fest. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier kann sich auch vorstellen, dass mit Hilfe von Schnelltests Geschäfte wieder öffnen könnten. Hinter Kretschmanns Öffnungsvorschlag steckt aber auch die Idee, nicht mehr nur auf die Inzidenzzahl zu schauen - trotz wieder steigender Infektionszahlen. Das dürfte noch zu Diskussionen führen. Was spricht gegen eine breitere Öffnung? Die Entwicklung der Corona-Zahlen und die drohende dritte Welle durch die ansteckenderen Mutanten. Zuletzt war die Neuinfektionsrate bundesweit wieder über 60 pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen gestiegen - im Land nähert man sich von unter der Schwelle von 50 kommend diesem Wert nun wieder an. Bund und Länder hatten regionale Öffnungsschritte bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von 35 nach dem 7. März angekündigt. Von diesem Schwellenwert ist man nun wieder weit entfernt. Je mehr geöffnet wird, desto mehr Menschen sind wieder unterwegs, die Kontakte nehmen zwangsläufig enorm zu. Ist es realistisch, Öffnungen an Schnell- und Selbsttests zu koppeln? Da gibt es noch viele organisatorische Fragen. Bei den Tests selbst rechnet der Bund mit genügend Nachschub: Gesichert sind bis zu 800 Millionen Stück für dieses Jahr. Erste Selbsttests sollen bald in Apotheken, anderen Geschäften und online zu haben sein. Spahn erläuterte, in Österreich oder Dänemark nutzten etwa zweieinhalb Prozent der Bevölkerung am Tag Schnelltests, das sei auch finanziell und organisatorisch darstellbar. Wenn man aber auch bestimmte Öffnungsschritte an Tests knüpfe - etwa Besuche von Veranstaltungen oder Geschäften - wäre der Testbedarf mit geschultem Personal natürlich deutlich höher. Bei den gerade frisch zugelassenen Selbsttests ist die Kontrolle schwierig: Denn ob man sich getestet hat, bleibt Vertrauenssache, außer es geschieht unter Aufsicht. In der Stuttgarter Regierungszentrale heißt es trotzdem: "Wir sind optimistisch, dass die Einrichtungen, Betriebe und Branchen dafür geeignete Konzepte erarbeiten können." Wie sind die Reaktionen auf Kretschmanns Vorstoß? Der Koalitionspartner CDU fordert schon länger, die Tests auszuweiten. Vize-Ministerpräsident Thomas Strobl sagte der dpa: "Wir müssen Wege finden, dass wieder mehr Normalität möglich ist." Ein Weg dorthin sei: "Testen, Testen, Testen." Es sei gut, dass Kretschmann nun auch in diese Richtung gehe. "Ich habe das schon länger gesagt. Wir dürfen nicht so vor den Virusmutationen sitzen wie das Kaninchen vor der Schlange." SPD-Partei- und Fraktionschef Andreas Stoch sagte der dpa, das Papier zeige "endlich die dringend notwendigen Lebenszeichen, wenn auch reichlich spät". Durch den Einsatz von Schnelltests könne ein engeres Netz zur schnelleren Erkennung und Unterbrechung von Infektionsketten gelegt werden. "Auch darauf weisen wir seit Wochen hin." Sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke erklärte, Schnelltests könnten durchaus sinnvoller Teil einer Öffnungsstrategie sein. "Allerdings braucht man eine Gesamtstrategie. Im Moment verwirrt die Regierung die Menschen dadurch, dass gleichzeitig mitgeteilt wird, dass die Inzidenzen wieder steigen, aber dennoch immer mehr geöffnet wird. Wer soll das verstehen?" Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach dagegen hält die Pläne für riskant. Man befinde sich noch in einer schwierigen Situation, weil die Hälfte der Menschen über 80 Jahren noch gar nicht geimpft sei, sagte Lauterbach dem SWR. "Selbst die wichtigen Risikogruppen zwischen 65 und 80 sind noch ungeschützt. Also jetzt zu lockern ist sehr gefährlich." Die dritte Infektionswelle habe begonnen. "Lockerungen in eine solche Welle hinein sind gefährlich. Und ich glaube nicht, dass man das nur mit Schnelltests in den Griff kriegt." Er befürchte zudem eine hohe Fehlerquote bei den Selbsttests.


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